Idealerweise sollte daher auch durch Aufschäumen des CO2 gesättigten Jungbieres noch ein wenig mehr Sauerstoff aus dem Flaschenhals verdrängt werden. Dies jedoch nur gegen Ende des Abfüllvorgangs, insbesondere bei der drucklosen Abfüllung sollte der Füllvorgang möglichst ohne Luftzutritt geschehen.

Zu beachten ist in der Praxis der höhere Druckanstieg bei kleinerem Gasraum, da nur dieser, nicht jedoch die Flüssigkeit kompressibel ist. Ein Abstand von 3-5 mm zwischen Flüssigkeitsoberfläche und Flaschenrand sollte eingehalten werden, muss je nach Karbonisierung und Lagertemperatur womöglich durch den Leser noch angepasst werden.

Des Weiteren sollte beim Umfüllen vom Gärbehälter in anderen Behälter zum Stopfen und/oder in Abfüllbehälter unbedingt mit Schlauch gearbeitet werden. Dieser muss fest sitzen, um keine Luft zu ziehen und sollte bis zum Boden des Zielgefäßes reichen. Das Auslaufventil ist möglichst immer unter der Flüssigkeitsoberfläche zu halten. Beim Stopfen kann ein Schlauchen (knapp) vor Ende der Hauptgärung helfen, durch weitere Gäraktivität wieder ein CO2 Polster aufzubauen. Dabei entstehen jedoch durch Diffusion, trotz der höheren Dichte von CO2, immer Mischungen mit der enthaltenen Luft. Optimal ist daher die zusätzliche Spülung der zweiten Behälter mit CO2 aus der Flasche.

2.2.2. Temperatur bei der Bierlagerung

Wenn alle Schritte zur Vermeidung eines Sauerstoffeintrags getan sind, bleibt dem Brauer nur die Verringerung äußerer Einwirkungen. Neben einem dunklen Lagerort ist die Temperatur wohl die wichtigste Stellschraube. Unterschiede von wenigen Grad Celsius können auftretende Reaktionen um ein vielfaches beeinflussen. (RGT-Regel: eine Temperaturerhöhung um 10°verdoppelt die Reaktionsgeschwindigkeit)

Für die Bierlagerung ist daher eine möglichst niedrige Temperatur über dem Gefrierpunkt anzustreben.

Biere mit Alterungspotenzial, siehe auch folgender Abschnitt, können zur Forcierung erwünschter Alterungsreaktionen auch wärmer gelagert werden. Meist werden diese Biere sehr sauerstoffarm abgefüllt, um den nicht-oxidativen Veränderungen den Vorrang zu geben, da oxidative Bieralterung über die Zeit fast ausschließlich negativ zu bewerten ist.

3. Bieralterung im Kontext der Erwartung

Jede alterungsbedingte Veränderung als qualitätsschädlich zu werten, greift jedoch zu kurz. Nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über Veränderungen, die tatsächlich positiv und produkttypisch sein können.

Ausgangsprodukt Vorkommen und Auswirkung
Höhere Alkohole Wirkt  bei hohen Dosierungen sprittig/fuselig,  baut sich langsam ab ab zu Aldehyden, die etwa nach Toffee oder Mandel riechen (Benzaldehyd).
Phenole Kommen besonders in belgischen und deutschen Weizenbieren vor. Der typische Nelkengeruch durch 4-Vinylguaiacol wird während der Lagerung zu Apocynol (4-(1-hydroxyethyl)-2-methoxyphenol) und Vanillin abgebaut. Diese beiden intensiv nach Vanille riechenden Substanzen können daher etwa Weizenböcke oder Ales in eine neue Richtung lenken.
Ester Auch nach Abschluss der Gärung entstehen weitere Ester, siehe Abschnitt "Nicht-oxidative Veränderungen". Diese Ester können etwa nach getrockneten Früchten riechen - in trocknenden Früchten laufen durch die zunehmende Säurekonzentration ähnliche Prozesse ab - und in Verbindung mit Produkten aus Maillard-Reaktionen (Alterung, aber auch aus dunklen Caramalzen wie Weyermann CaraAroma) komplexe Aromaeindrücke nach getrockneten Rosinen, Pflaumen oder Feigen erzeugen.
Melanoidine Leiten oxidative Reaktionen ein, die Produkte erzeugen jedoch neue Aromeneindrücke, die typisch für dunkles Bier sein können. Nicht zu dunkle Biere bieten oft die beste Ausgewogenheit zwischen pro-oxidativen und anti-oxidativen Effekten.

4. Zusammenfassung

Eine höhere Geschmacksstabilität der Würze, gepaart mit einer Vermeidung von Sauerstoff und optimierten Lagerbedingungen, kann auch dem Hobbybrauer helfen, länger Freude an seinem Hausgebrauten zu haben. Besonders die kalte Lagerung hilft auch gekauftes Bier möglichst lange in dem Zustand zu halten, den der Brauer dafür vorgesehen hat. Während die nicht-oxidativen und enzymatischen Alterungsreaktionen in ihren Ursachen vielfältig und damit kaum durch einfache Maßnahmen in den Griff zu bekommen sind, können oxidative Veränderungen gezielter eingedämmt werden.

Abschließend die Top 5 der schnell umsetzbaren Praxistipps:

  1. Flaschen und Fässer möglichst voll machen.
  2. Nirgends „plätschern“ lassen, wo man schlauchen kann – außer beim Belüften.
  3. Bier nach abgeschlossener Karbonisierung möglichst kalt (0°C < 10°C) lagern.
  4. Mehr Sulfat im Brauwasser durch Calciumsulfat (Braugips) bis 150mg/L, in Ales bis 300mg/L.
  5. Einsatz von viel Hopfen, dunklen Malzen und Caramalzen.

Parallele zum Wein:
Einfach Weine /  Biere jung trinken, denn sie verlieren schnell an Aroma,
hochwertige  Weine / Biere profitieren von längerer Lagerung und werden immer komplexer!